Plastik, eine unsichtbare Gefahr für Kinder

26 Okt, 2025
Plastik, eine unsichtbare Gefahr für Kinder

Es ist Vesperzeit im Kindergarten.
Die Kinder sitzen auf ihren kleinen Stühlen an den Tischen.
Viele kleine Hände greifen in bunte Rucksäcke und holen ihre Dosen hervor.

Doch der Anblick ist ernüchternd:


Wenn überhaupt etwas dabei ist, dann sind es abgepackte Snacks, Quetschies, Schokocroissants, alles in Einwegplastik verpackt.
Andere haben ein belegtes Brot dabei, eingeklemmt zwischen Folie und Plastikdose.
Getrunken wird aus PET-Flaschen oder bunten Plastikbechern.

 

Doch was kaum jemand sieht:
In all diesem Plastik stecken Stoffe wie Weichmacher, BPA und andere chemische Zusätze, die sich lösen und dann genau dort landen, wo sie nichts zu suchen haben, in unserem Essen, in kleinen Körpern, die sich noch entwickeln, wachsen, formen.

 

Einige Forschende fordern mittlerweile sogar ein Verbot bestimmter Kunststoffe, da sie nachgewiesen haben, wie schädlich Plastik für Kinder sein kann und das mit Folgen bis ins Erwachsenenalter.

Plastik steckt in Spielzeug, Kleidung, Verpackungen, Vesperdosen, Getränkeflaschen, Bodenbelägen und sogar in Körperpflegeprodukten.

 

Gerade für Kinder stellt diese allgegenwärtige Präsenz eine oft unterschätzte Gefahr dar. Ihr Körper befindet sich noch in der Entwicklung; sie nehmen im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht mehr Nahrung, Luft und Wasser auf als Erwachsene und sind dadurch besonders empfindlich gegenüber Schadstoffen, die aus Kunststoffen freigesetzt werden.

 

Viele Kunststoffe enthalten chemische Zusätze wie Weichmacher (Phthalate), Bisphenol A (BPA) oder Flammschutzmittel. Diese Stoffe machen Plastik flexibel, haltbar oder transparent, doch sie können sich lösen und über Haut, Atemluft oder Nahrung in den Körper gelangen.
Besonders problematisch: Einige wirken endokrin aktiv, das heißt, sie beeinflussen unser Hormonsystem und können die natürliche Entwicklung stören.

 

Der Umweltmediziner Leonardo Trasande und seine Kolleginnen und Kollegen beschreiben die Risiken deutlich:

„Kinder stehen vor einer dringenden Bedrohung: Chemikalien, die zur Herstellung von Kunststoffen verwendet werden, tragen zu chronischen Erkrankungen in mehreren Organsystemen bei und stören die Hormonfunktion. Die Exposition ist mit ungünstigen Geburtsergebnissen, Stoffwechselerkrankungen und neurologischen Entwicklungsstörungen verbunden.“⁵

 

Auch UNICEF warnt in ihrem Bericht Plastics | Children’s Environmental Health Collaborative, dass Kinder in einer zunehmend kunststoff belasteten Umwelt leben mit Folgen, die von hormonellen Veränderungen bis hin zu erhöhtem Risiko für Atemwegs-, Stoffwechsel- und Entwicklungsstörungen reichen. Besonders gefährdet sind Kinder in Regionen, in denen Plastikmüll offen verbrannt wird, da dabei hochgiftige Gase entstehen.⁶

 

Ein weiteres Problem ist Mikroplastik. Es entsteht durch den Zerfall größerer Kunststoffteile oder gelangt über Kosmetik, Textilien und Verpackungen in die Umwelt.
Inzwischen wurde Mikroplastik in Trinkwasser, Meersalz, Muttermilch, in der Plazenta und seit kurzer Zeit sogar im Gehirn nachgewiesen. Studien zeigen, dass Mikroplastik nicht nur den Körper belastet, sondern auch Schadstoffe wie Schwermetalle oder Pestizide binden und transportieren kann.

 

Die Kinderklinik Nationwide Children’s Hospital warnt, dass die langfristigen Auswirkungen dieser Partikel auf das kindliche Immunsystem, das Hormonsystem und die Gehirnentwicklung noch nicht vollständig erforscht sind, aber ernst genommen werden müssen.³

 

Auch die University of California, San Francisco (UCSF) rät Eltern inzwischen, den Kontakt zu Kunststoffen möglichst zu vermeiden. In ihrem Pediatric Environmental Health Toolkit empfehlen Expert:innen, Babyflaschen aus Glas zu verwenden, Plastikgeschirr nicht zu erhitzen und auf parfümfreie Produkte ohne Mikroplastik zu achten.⁴

 

Kinder wachsen heute in einer Welt auf, in der Plastik zur Normalität geworden ist. Doch gerade ihre Gesundheit zeigt uns, wie dringend ein Umdenken nötig ist.


Indem wir bewusster konsumieren, auf natürliche Materialien setzen und Plastik im Alltag reduzieren oder sogar verbannen, schützen wir nicht nur die Umwelt, sondern auch die kommende Generation.

3 kinderleichte Tipps für die Vesperzeit

1. Brot in ein kleines Tuch wickeln, statt in Folie

Ein schönes Stofftuch oder eine Bienenwachstuch-Serviette hält das Brot frisch und fühlt sich angenehm in der Hand an.
Kinder können es selbst ein- und auspacken und lernen dabei ganz spielerisch: Weniger Müll ist möglich.

2. Trinkflasche aus Edelstahl

Stabile und bunte Edelstahlflaschen sind leicht und bruchsicher, perfekt für den Kindergarten. 
So vermeidest du Weichmacher und BPA, die aus Plastikflaschen ins Getränk übergehen können.

3. Obst & Gemüse in kleine Döschen oder pur
Ein paar Apfelspalten, Gurkenscheiben oder Beeren, ganz einfach und unverpackt.
Am besten in einer Edelstahl- oder Holzbox oder einfach lose in einer Serviette.
Kinder lieben buntes Fingerfood, das sie selbst greifen können.

Und das Wichtigste:
Nicht perfekt sein, sondern anfangen.


Jede kleine Veränderung zählt.
Und jedes Kind, das sein Vesper liebevoll eingepackt erhält, lernt nebenbei etwas sehr Großes:
Wertschätzung.

Quellangabe: 

 

  • Leonardo Trasande et al.: “The effects of plastic exposures on children’s health and urgent opportunities for prevention.” Veröffentlicht in The Lancet Child & Adolescent Health (2025). https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26956939/

    https://www.thelancet.com/journals/lanchi/article/PIIS2352-4642%2825%2900212-3/abstract?utm_source=chatgpt.com

     

  • UNICEF – Children’s Environmental Health Collaborative: Bericht „Generation Plastic: Unpacking the impact of plastic on children“ (2024) mit Hinweisen auf die Risiken für Kinder durch Kunststoff und chemische Zusätze.

    chrome-extension://efaidnbmnnnibpcajpcglclefindmkaj/https://www.unicef.org/media/167161/file/UNICEF_Generation_Plastic.pdf.pdf?utm

  • The Endocrine Society & Wissenschaftliche Stellungnahmen: „Chemicals Used in Plastic Materials Harm Human Health and the Economy“ – Dokumentiert u. a. den Einsatz von Weichmachern (Phthalate), Bisphenol A (BPA) und anderen hormonwirksamen Stoffen in Kunststoffen.

    chrome-extension://efaidnbmnnnibpcajpcglclefindmkaj/https://www.endocrine.org/-/media/endocrine/files/advocacy/society-letters/2023/may/paris-1-pager.pdf?