Das darf doch nicht wahr sein.
An einem sonnigen Herbsttag zieht es mich unwiderstehlich hinaus in den Wald. Die Blätter der Bäume leuchten in bunten Gelbtönen.
Der goldene Herbst hat begonnen, und ich kann die Veränderung in der Luft förmlich spüren.
Ich lasse den erdigen Duft des Waldes auf mich wirken.
In diesem Moment fühle ich mich eins mit der Natur.
Genau in diesem Augenblick höre ich hinter mir ein hastiges, schweres Atmen und das Rascheln von Blättern unter schnellen Reifen. Ich drehe mich um, und ein Mountainbiker rast mit hoher Geschwindigkeit auf mich zu. Er ist jetzt noch etwa fünf Meter entfernt, und ein unangenehmes Gefühl breitet sich in mir aus. Noch bevor er an mir vorbeifährt, trifft mich eine unsichtbare Wand.
Eine überwältigende Duftlawine schlägt mir völlig unvorbereitet entgegen. Es sind nicht einmal die natürlichen Gerüche von Schweiß, die wahrscheinlich noch angenehmer gewesen wären als das, was da auf mich zurollt.
Eine Mischung aus scharfem Waschmittel, penetrantem Duschgel, intensivem Weichspüler, aufdringlichem Deo und etwas Undefinierbarem umhüllt mich wie eine giftige Wolke.
Obwohl ich in der freien Natur bin, muss ich mir hastig mein Taschentuch vor die Nase halten. Die Duftwolke ist so stark, dass sie noch lange nachwirkt, selbst nachdem er längst an mir vorbeigerauscht ist.
Ich fühle mich, als wäre ich von einem Parfümnebel eingehüllt, der keinen Raum zum Atmen lässt. Mein Kopf beginnt zu pochen, und ein Übelkeitsgefühl steigt in mir auf.Ich schüttle fassungslos den Kopf.
Mein Verständnis ist auf Null.
Durch das Schwitzen und die synthetische Kleidung werden die Ausdünstungen dieses Sportlers zu einer olfaktorischen Zumutung. Die frische, erdige Luft des Waldes ist von künstlichen Düften durchzogen, die Idylle ist zerstört.
Ich frage mich, wie diese Menschen überhaupt noch Luft zum Atmen bekommen und ob sie im Alltag mit diesen Duftfahnen nie gesundheitliche Probleme haben?
Die physische Belastung durch Duftstoffe ist real und allgegenwärtig. Egal ob in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Büro oder in der Freizeit – überall lauern Düfte, die zur Tortur werden können. Werden duftstoffempfindliche Menschen mit solchen intensiven Duftlawinen attackiert, sind folgende Symptome die Folge:
- Kopfschmerzen und Migräne: Ein kurzer Kontakt mit einem starken Duft kann stundenlang Kopfschmerzen auslösen.
- Atembeschwerden: Manche Düfte lassen duftempfindliche Menschen schwer atmen und sie fühlen sich, als würde ihnen die Luft wegbleiben.
- Hautreizungen: Duftstoffhaltige Produkte können Hautirritationen, Juckreiz und Ausschläge verursachen.
- Augenprobleme: Tränende Augen, Augenbrennen und Juckreiz in den Augen.
Diese Symptome sind nicht nur unangenehm, sie schränken duftstoffempfindliche Menschen in ihrem täglichen Leben massiv ein.
Neben den körperlichen Beschwerden tragen sie eine schwere emotionale Last mit sich herum.
- Isolation: Aus Angst vor Reaktionen meiden duftempfindliche und duftstoffallergische Menschen soziale Veranstaltungen oder öffentliche Orte.
- Unverständnis: Es ist schwer, anderen zu erklären, warum ein einfacher Duft solche Auswirkungen hat. Oft stößt ein duftstoffempfindlicher Mensch auf Unverständnis oder wird erst gar nicht ernst genommen.
- Stress und Angst: Die ständige Wachsamkeit vor möglichen Duftquellen kann zu chronischem Stress führen.
Diese inneren Schmerzen sind unsichtbar, beeinflussen aber das Wohlbefinden und die Lebensqualität erheblich.
Die Suche nach passenden Produkten
Ein einfaches Shampoo oder ein duftstoffneutrales Waschmittel zu finden, wird zur Herausforderung. Viele Produkte, die als „duftfrei“ deklariert sind, enthalten dennoch versteckte Duftstoffe oder Maskierungsmittel. Etiketten zu lesen und nach vertrauenswürdigen Marken zu suchen nimmt viel Zeit in Anspruch. Die Auswahl ist sehr begrenzt.
Welche Konsequenzen ziehe ich für mich?
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Bewusste Produktwahl: Überlege, Produkte zu verwenden, die als duftstofffrei gekennzeichnet sind.
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Informiere dich: Lies Etiketten und informiere dich über Inhaltsstoffe, um potenziell schädliche Chemikalien zu vermeiden.
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Konsultiere Fachleute: Bei gesundheitlichen Bedenken ist es ratsam, einen Arzt oder Allergologen aufzusuchen.
Du wünschst dir eine Welt, in der du dich frei bewegen kannst, ohne ständig auf der Hut sein zu müssen.
- Mehr duftstofffreie Zonen: Öffentliche Bereiche, in denen auf Duftstoffe völlig verzichtet wird.
- Verreisen wird zur Herausforderung.
Hotels und Ferienwohnungen, die ihre Wäsche mit duftstoffneutralem Waschmittel waschen, sind leider selten.
Schon beim Betreten des Hotelzimmers schlägt mir oft eine intensive Duftwolke entgegen. Die Bettwäsche, die für andere nach Frische riecht, ist für mich eine Quelle von Kopfschmerzen und Unwohlsein.
Der vermeintlich angenehme Geruch von Weichspülern und Raumdüften wird zur Qual. Statt sich auf den Urlaub zu freuen, sind duftstoffempfindliche Menschen angespannt und besorgt.
Wie soll ich in einem Zimmer schlafen, in dem die Luft von synthetischen Düften gesättigt ist? In diesen Situationen verbringe ich die Nächte schlaflos und mit geöffnetem Fenster. - Transparente Produktinformationen: Klare Kennzeichnungen, damit sofort erkannt werden kann, ob ein Produkt geeignet ist.
Verständnis und Akzeptanz
- Empathie von Mitmenschen: Auf emotionaler Ebene sehnt sich ein duftstoffempfindlicher Mensch nach Verständnis und Akzeptanz. Es würde schon enorm helfen, wenn Mitmenschen bereit wären, einfach mal auf ihr Lieblingsparfum zu verzichten, besonders wenn man sich für längere Zeit im gleichen Raum aufhält. Diese kleine Rücksichtnahme kann einen großen Unterschied machen und dazu beitragen, dass sich Betroffene wohler und akzeptiert fühlen.
- Verbesserung der Lebensqualität:
Der größte Wunsch eines Duftstoffallergikers ist es, einen Alltag zu führen, der weniger von Einschränkungen und mehr von Freude geprägt ist.
Diese Menschen träumen von Tagen, an denen sie sich frei bewegen können, ohne ständig auf der Hut vor unerwarteten Duftquellen sein zu müssen.
Durch mehr Bewusstsein und Rücksichtnahme in der Gesellschaft könnte sich vieles ändern. Die Angst vor Duftstoffexposition schränkt den Alltag extrem ein.
Gemeinsam könnte eine Atmosphäre geschaffen werden, in denen sich duftstoffempfindliche Menschen wohl und sicher fühlen. Das würde helfen und das Miteinander bereichern.
Meine Duftstoffempfindlichkeit betrachte ich als ein Warnsystem meines Körpers, für das ich sogar dankbar bin.
Während manche Menschen versuchen, diese Empfindlichkeit zu bekämpfen und sich von Ärzten oder sogar im Krankenhaus behandeln lassen, erkenne ich sie als Schutzmechanismus.
In bestimmten Situationen ist die Duftstoffempfindlichkeit zwar sehr anstrengend, aber sie warnt und schützt mich vor potenziellen Langzeitgefahren.
Die körperlichen Schmerzen, die ich erlebe, haben mich dazu veranlasst, mich intensiv mit synthetischen Düften auseinanderzusetzen und mich umfassend zu informieren.
Diese Schmerzen sind nicht jeden Tag gleich; an guten Tagen kann ich mehr aushalten als an schlechten.
Die Auseinandersetzung mit den möglichen Langzeitwirkungen synthetischer Duftstoffe ist wichtig für die persönliche Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden.
In unserem Podcast "Mutter und Tochter Gespräche in der Natur" reden wir über Duftstoffempfindlichkeit in unserem Alltag: