Seife ist nicht gleich Seife
Hast du den Unterschied zu herkömmlichen Seifen auch schon bemerkt? Woran das liegt und wie man erkennen kann, was eine gute Seife ausmacht, wollen wir in diesem Blogartikel erklären.
Seifen werden in der Regel aus pflanzlichen oder tierischen Fetten hergestellt. Als Rohstoffe dienen hauptsächlich Kokosfett, Olivenöl oder tierische Fette wie Talg, Schmalz oder Knochenfett, die bei der Tierverwertung anfallen. Seifen sind ein Produkt der Zerlegung dieser Fette. (1)
Wir verwenden in unserer Seifenwerkstatt auf dem Fixenaturhof native, kaltgepresste Pflanzenöle aus kontrolliert biologischem Anbau.
Der Unterschied zu raffinierten Ölen liegt in der Art der Herstellung: Kaltgepresste oder native Speiseöle werden aus meist ungeschälten Saaten oder Früchten, ohne Wärmezufuhr und durch rein mechanische Verfahren (Kaltpressung), also ohne Einsatz von Chemikalien, schonend gewonnen. Dadurch bleiben die Vitamine, die ungesättigten Fettsäuren und weitere erwünschte sekundäre Pflanzenstoffe erhalten.
Raffinierte Öle hingegen werden unter Einfluss von Hitze und Chemikalien gewonnen. Das Öl wird heiß gepresst und extrahiert, um eine erheblich höhere Ausbeute zu erreichen als bei kaltgepressten Ölen. Bei der Gewinnung kommen Lösungsmittel wie Hexan oder Leichtbenzin zum Einsatz. Die Rückstände werden unter großer Hitze (bis zu 240°C) wieder aus dem Öl entfernt werden.
Raffination bedeutet in diesem Fall also Reinigung der Pflanzenöle von den Chemikalien. Dabei verliert das Öl viele seiner wertvollen Inhaltsstoffe (Vitamine, ungesättigte Fettsäuren). Der Vorteil raffinierter gegenüber nativer Öle ist, dass sie sind günstiger herzustellen und durch die starke Behandlung länger haltbar sind. (2,3,4)
Bei der chemischen Reaktion der Verseifung wird Fett mit Hilfe einer Lauge aufgespalten. Als Hauptprodukt entsteht Seife, das Salz der Fettsäuren. Seifen sind also ein Produkt der Zerlegung von Fetten. Die chemische Reaktion wird Verseifung genannt. Seifen sind traditionelle Tenside, also waschaktive Substanzen. (5)
Ursprünglich bezeichnete die Verseifung lediglich die basische Esterhydrolyse von Triglyceriden, z. B. tierischen Fetten oder pflanzlichen Ölen, mit Laugen, vornehmlich Natronlauge oder Kalilauge, in der Seifensiederei. Dabei entstehen der dreiwertige Alkohol Glycerin und die jeweiligen Alkalisalze der in den Fetten vorkommenden Fettsäuren. Letztere werden Seifen genannt. Die Verseifung mit Natronlauge liefert (feste) Kernseife, die mit Kalilauge (hygroskopische) Schmierseife. (6)
Man unterscheidet zwei Verfahren: Heißverseifung und Kaltverseifung.
Bei der Heißverseifung wird beim Herstellen der Seife Hitze zugeführt, sodass die Verseifung sofort und schnell vonstattengeht (das Waser der Lauge schnell verdampfen kann). Kaltverfahren, bei dem die Seife langsam und schonend über Stunden mit wenig Technik und viel Handarbeit verseift wird Verseifung ist eine exotherme Reaktion, es entsteht also Wärme von 40°C bis zu 70°C. Diese Temperaturen reichen aus, um beim sogenannten Kaltrührverfahren die Verseifung zu ermöglichen.
Heißverfahren (Seifensieden)
A Klassisches industrielles Seifensieden
Bei der Verseifung werden Fette mit einer Lauge (wie Natronlauge oder Kalilauge, früher auch Pottasche oder Soda) gekocht. Man nennt dieses Verfahren Seifensieden. Die Fette werden dabei in Glycerin und in die Salze der Fettsäuren (die eigentliche Seife) zerlegt. Diese zähflüssige Emulsion wird Seifenleim genannt und mit Kochsalz (Natriumchlorid) versetzt. Dabei trennt sich die Emulsion (Aussalzen) in den aufschwimmenden Seifenkern, der hauptsächlich die Natriumsalze der Fettsäure und in Unterlauge, die hauptsächlich überschüssige Lauge, Glycerin und das gelöste Kochsalz enthält. Der Seifenkern wird von der Unterlauge getrennt und mit reichlich Wasser und etwas Lauge aufgekocht, um die restlichen Verunreinigungen herauszulösen. Erneute Aussalzung führt dann zu der Kernseife. Das Produkt wird dann getrocknet und in die entsprechende Form gepresst. Seifen variieren auch durch anschließendes Hinzufügen von z.B. ätherischen Ölen oder Farbstoffen. (1)
Beim Heißverfahren findet der Verseifungsprozess stark beschleunigt bei höheren Temperaturen statt. Durch das nachfolgende Aussalzen mit Natriumchlorid wird die Löslichkeit des entstandenen Seifenleims herabgesetzt. Dadurch scheidet sich der Seifenkern als feste und oben schwimmende Schicht ab. In der Unterlauge verbleibt das Glycerin, das für andere Produkte als Rohstoff dient. (7)
B Industrielle Laugenverseifung
Alternativ lassen sich Seifen direkt aus freien Fettsäuren herstellen, indem diese mit Laugen zu ihren Salzen umgesetzt werden. Geeignete Fettsäuren sind z.B. Laurinsäure, Myristinsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure, Ölsäure und Ricinolsäure. (8)
Heute wird Seife industriell überwiegend durch Fettsäure-Verseifung hergestellt. Hierbei erfolgt die Seifenherstellung in zwei getrennten Schritten.
Im ersten Schritt werden die Fette durch heißen Wasserdampf (180°C) unter hohem Druck in Gegenwart eines Katalysators (bestimmte Metalloxide) in Fettsäuren und Glycerin gespalten (hydrolytische Spaltung). Nach dem Abkühlen werden die wasserunlöslichen Fettsäuren (Oberphase) vom wasserlöslichen Glycerin (Unterphase) getrennt.
Im zweiten Reaktionsschritt erfolgt die Neutralisation der Fettsäuren mit Natronlauge oder Natriumcarbonatlösung. (9)
(Schaubild verändert nach: https://www.uni-due.de/~hc0014/S+WM/Gewinnung/SchemaSeifenherstellung.htm)
Produkt:
Kernseifen sind feste Seifen und bestehen in der Regel aus den Natriumsalzen von Fettsäuren. Sie werden durch das Aussalzen des Seifenleims gewonnen, wobei das Glycerin abgetrennt wird. Kernseifen sind die meisten handelsüblichen Körperseifen, also auch die Feinseifen. Im Handel werden vor allem billigere, unparfümierte Seifen “Kernseifen” genannt. Kernseife wird in Blöcken geformt und getrocknet. Zur Herstellung von Toilette-Seifenstücken (Feinseife) werden die Blöcke entweder zu Quadern aufgeschnitten oder grob gemahlen, mit Farbstoffen, Duftstoffen und Füllstoffen angeteigt, auf Walzenstühlen kalandriert (um Luft einzuschließen und Glanz zu erzeugen) und ausgewalzt, die Bänder anschließend in einer Heißpresse stranggepresst bzw. extrudiert und aus dem Strang Formen gestanzt und gleichzeitig zu Seifenstücken gepresst. (8)
Neutralölverseifung / Kaltrührverfahren
Neben den industriellen Verfahren werden auch Seifen im Kaltverseifungsverfahren handwerklich hergestellt. Diese Naturseifen (Leimseifen) werden zunehmend in der Naturkosmetik nachgefragt. Dabei wird den meist hochwertigeren Fetten, Ölen und Wachsen eine genau abgemessene Menge an Natronlauge (Natriumhydroxid und Wasser) beigefügt. (8)
Die Kaltverseifung ist eine exotherme Reaktion, d.h. hier entsteht Wärme durch den Verseifungsprozess ohne zusätzliche Zufuhr von Hitze. Es können Temperaturen von ca. 40°C bis zu max. 60°oder 70°C erreicht werden. Wie beim klassischen Seifensieden werden durch Verseifung die Pflanzenöle in ihre Bestandteile Glycerin und Fettsäuren gespalten. Die Fettsäuren reagieren mit der Base (Natronlauge), sie werden neutralisiert. Das Produkt dieser Neutralisation sind die Alkalisalze (Natriumsalze) der Fettsäuren, die echte Seife.
Anders als bei der industriellen (Kern)Seifenherstellung, findet bei der Leimseifenherstellung nach der Verseifungsreaktion keine Aussalzung insbesondere des natürlich entstandenen und besonders hautpflegenden Glycerins statt. Dieses verbleibt in der Seifenmasse. (8)
„Beim Kaltrührverfahren handelt es sich um eine heterogene Reaktion, da die wässrige Phase und die Fettphase nicht miteinander mischbar sind. Zunächst verläuft die Reaktion trotz Rührens nur sehr langsam, da es nur zu einem ungenügenden Kontakt der Reaktionspartner kommt. Im Laufe der Reaktion übernimmt die entstehende Seife die Rolle eines Emulgators. Durch die daraus resultierende bessere Durchmischung wird die Reaktion immer mehr beschleunigt, bis der Hauptteil des Fettes umgesetzt worden ist. Reste an unverseiftem Fett im Fertigprodukt wirken auf der Haut leicht rückfettend. Das zähflüssige Rohprodukt besteht aus der eigentlichen Seife, Resten an unverseiftem Fett, Natronlauge und Glycerin und wird Seifenleim genannt.“ (10)
Der Anteil an überschüssigem, unverseiftem Fett wird gezielt gesteuert, indem mehr Fett verwendet wird als durch die berechnete Menge an Lauge verseift werden kann. Diese sogenannte Überfettung der Seife beeinflusst ihre Pflegeeigenschaft für die Haut. Kurz vor Ende des Rührens kann der Seifenleim noch veredelt werden, z.B. mit ätherischen Ölen, Pflanzenpulver oder Tonerde.
Handwerkliche Herstellung von Naturseife:
Eine handgemachte Naturseife wird aus Pflanzenölen, Wasser (oder Milch, Bier) und einer starken Lauge (Natronlauge) meist im Kaltverseifungsverfahren hergestellt. Es wird mitunter auch das Verfahren der Heißverseifung, OHP, angewendet.
Der Prozess der Neutralölverseifung benötigt viel Zeit. Beim traditionellen Kaltverfahren ist er erst nach sechs Wochen vollständig abgeschlossen.
Bei der klassischen Herstellung von Kernseife werden mit Hilfe von Kochsalz alle Verunreinigungen und Nebenprodukte entfernt (also auch das Glycerin). Da früher die Ausgangsmaterialien oft stark verunreinigt waren, war dieser Reinigungsschritt sehr wichtig. Heute stehen sehr viel reinere Produkte zur Verfügung, weshalb Seife im kleinen Maßstab meist nach dem Kaltverfahren oder Heißverfahren hergestellt wird. Der Reinigungsschritt mit Kochsalz entfällt und auch das wertvolle Glycerin verbleibt in der Seife. (11)
(3) Unterschiede von Industrie- und Naturseifen im Überblick
Die verschiedenen Herstellungsverfahren, die Auswahl der Ausgangsrohstoffe sowie Anzahl und Art der Zusatzstoffe entscheiden über die Eigenschaften der jeweiligen Seife.
Industrieseifen | Naturseifen | |
Herstellungsart | Industrielles Heissverseifungsverfahren bei dem das Glycerin durch Aussalzen entzogen wird | Handwerkliches Kaltrührverfahren oder Heißverfahren bei dem das Glycerin in der Seife verbleibt |
Produkt | Kernseife (Ausgangsstoff für Feinseifen und andere Seifen) ohne eigenes Glycerin | Naturseife mit eigenem Glycerin |
Zusatzstoffe | synthetische Duft- und Farbstoffe, Füllstoffe, Konservierungsstoffe | Meist natürliche Substanzen wie ätherische Öle, Pflanzenpulver, Tonerde |
Herstellungsdauer | Nach dem Kochen ist die Verseifung abgeschlossen und die Seife gebrauchsfertig (Wasser verdampft) | Reifezeit von mind. 6 Wochen, bevor die ätzende Lauge vollständig abgebaut ist und durch Trocknung der Wassergehalt reduziert ist |
Rohstoffe | Oft minderwertige Fette: günstige raffinierte Öle oder tierische Fette (Reste aus Tierverwertung), Palmöl | Meist hochwertige Pflanzenöle aus kbA, kein Palmöl (aus Gründen des Umweltschutzes) |
Kosten | kostengünstig | höherpreisig |
Quellen:
(1) https://www.chemie.de/lexikon/Seife.html
(2) https://www.öl-kontor.de/speiseoel-raffinieren.php
(4) https://utopia.de/ratgeber/raffiniertes-oel-diese-vor-und-nachteile-solltest-du-kennen/
(5) https://www.chemie.de/lexikon/Tenside.html
(6) https://de.wikipedia.org/wiki/Verseifung
(7) https://www.seilnacht.com/waschm/seifhers.html
(8) https://de.wikipedia.org/wiki/Seife
(9) https://www.uni-due.de/~hc0014/S+WM/Gewinnung/Seifenherstellung4.htm
(10) https://www.uni-due.de/~hc0014/S+WM/Gewinnung/Seifenherstellung2.htm
(11) https://www.kernseife.info/herstellung/
(12) https://www.uni-due.de/~hc0014/S+WM/Gewinnung/SchemaSeifenherstellung.htm